Presse
AZ-
Ochsengarten-
Interview: Annette Baronikians, 18.07.2020 -
"Das hier ist keine Liebhaberei": Friedl Steinhauser hinter seinem Tresen. Foto: Annette Baronikians
"Friedl" Steinhauser betreibt seit Jahrzehnten den Ochsengarten, Deutschlands älteste Lederbar. Jetzt soll Schluss sein. Ein Gespräch zum Abschied.
München -
AZ: Grüß Gott, Herr Steinhauser. Einen Kneipenwirt traut man sich derzeit kaum zu fragen, wie’s geht.
FRIEDL STEINHAUSER: Danke, da haben Sie recht. Corona-
Deshalb hören Sie aber nicht auf, oder?
Stimmt. Vor zwei Jahren ging es mir gesundheitlich sehr schlecht. Jetzt geht’s wieder, aber irgendwann muss mal Schluss sein.
Ochsengarten: Nachfolger gesucht!
Und jetzt suchen Sie also einen Nachfolger.
Einen gscheidn! Zum einen ist das hier ja keine Liebhaberei. Das macht Arbeit, sieben Tage die Woche. Zum anderen muss der Neue reinpassen. Es soll ja so bleiben, wie’s ist.
Damit meinen Sie nicht nur die Einrichtung mit massig dunklem Holz, was ein bisserl an einen alten Partykeller erinnert, nehmen wir mal an.
(lacht) Richtig. Das sah hier im Grunde schon immer so aus, schon bei der Ochsengarten-
Die Plakate an den Wänden stammen von Gay-
In den 80er Jahren gab’s in der Isarvorstadt noch an die 50 schwule Szenekneipen, heute nur noch etwas mehr als eine Hand voll. Machen Sie sich da keine Sorgen um den Erhalt Ihres Lokals?
Ein Grund für diesen Wandel ist sicher das Internet, das es möglich macht, sich einfach zusammenzubestellen. Doch es geht ja nicht nur um Sex, sondern auch um soziale Kontakte. Außerdem haben wir, wenn man so will, auch eine Nische gefüllt. Lack-
Wie sieht es mit jungen Gästen aus?
Bei uns treffen sich Alt und Jung, Dick und Dünn, Leder und Gummi, ganz egal! Viele wurden zusammen mit mir alt, doch es kommen auch junge Gäste.
Auch Heteros?
Ja, öfter wird mal ein Junggesellenabschied gefeiert. Nach einigen Gläsern gibt es da keine Kontaktschwierigkeiten mehr mit den Lederkerlen. Bei uns gibt’s eigentlich nichts, was es nicht gibt, auch bi, Familienvater, Professor, Priester, Promi oder was und wer auch immer.
Promis im Ochsengarten
Welche Promis waren hier?
Der nette Freddie Mercury, Dirk Bach, der Fassbinder und zig andere. Darüber reden wir nicht. In erster Linie kommen nach wie vor Männer, die auf Leder und Gummi stehen. Die würden in einer anderen Kneipe komisch angeschaut werden.
Also braucht’s auch heute noch solche Rückzugsorte?
Ja, weil man hier im wahrsten Sinne des Wortes frei sein kann und unter sich ist. Doch die Gesellschaft hat sich glücklicherweise geöffnet. Ich stamme ja aus einer Zeit, als Homosexualität sogar noch strafbar war, als keiner vom Schwulsein wissen durfte und viele eine Alibi-
Wie war das bei Ihnen?
Ich wuchs im Allgäu auf einem Bauernhof auf, da kann man sich vorstellen, dass das nicht lustig war. Doch mit meinen Eltern hatte ich Glück. Mein Schwulsein war zwar ein Tabu-
Auszug aus:
Quelle/Source:
http://www.abendzeitung-
Abendzeitung München,
18.07.2020
Pächter macht Schluss
München: Steht der Ochsengarten vor dem Aus?
Lea Kramer, 16.07.2020 -
Von außen schaut’s unspekatulär aus – innen war’s öfter mal wild. Foto: F. Dosch
Der Pächter der ältesten Münchner Lederkneipe hört nach mehr als 40 Jahren auf. Jetzt sucht er einen Nachfolger für das Lokal am Sendlinger Tor in der Müllerstraße.
München -
Schon lange gibt es an der Adresse in der Müllerstraße 47 eine Schänke. Das Haus stammt aus der Zeit um 1800, Roß-
Wirt Fridolin Steinhauser hat den Laden mehr als vierzig Jahre lang geführt – zum Ende des Jahres will er aufhören. Foto: AZ-
Ochsengarten war seit den 60er Jahren ein beliebter Schwulentreff
Zwischen den Weltkriegen, aber auch nach 1945 war die Isarvorstadt ein beliebtes Rotlichtviertel, der Ochsengarten ein Animierschuppen. Geführt hat ihn seit Mitte der 60er Jahre Augusta Wirsing – von allen nur Gusti genannt. Sie machte aus dem Ochsengarten, dem Treffpunkt der Sexarbeiterinnen, eine Anlaufstelle für junge homosexuelle Männer. Genauer: für solche mit Lederfetisch. Und das, obwohl sexuelle Handlungen zwischen Männern damals noch unter Strafe standen und die bayerische Politik dem alles andere als tolerant gegenüberstand.
Von Gusti übernahm Fridolin Steinhauser 1978 den Ochsengarten und alles, was dazugehörte. Im Allgäu geboren und eigentlich gelernter Metzger war er als 24-
In 50 Jahren kam nicht einmal die Sittenpolizei
Der Straßenstrich in der Müllerstraße wurde zwar erst zu den Olympischen Spielen 1972 verschärft kontrolliert. Unter Peter Gauweiler (CSU) als rigidem Leiter des Kreisverwaltungsreferats hatten die Wirte der Isarvorstadt vor allem in den 80ern wenig Spaß. Der CSU-
Längst stehen schwule Gastronomen aber vor ganz anderen Herausforderungen: Ihnen bleiben die Gäste weg. Gab es in den 80er Jahren in der Isarvorstadt noch an die 50 Szenekneipen, sind es heute nur noch n eine handvoll. Das hat auch damit zu tun, dass Homosexuelle nicht mehr auf die dunklen Hinterzimmer der Gaststätten angewiesen sind. "Die Szenelokale hatten auch immer eine große Bedeutung, um Sexkontakte zu finden", sagt Stadtrat Thomas Niederbühl (Rosa Liste), "durch das Onlinedating hat sich zwar viel verändert, dennoch merken wir, dass queere Menschen ein großes Bedürfnis nach sozialen Kontakten haben". Auch deshalb seien Rückzugsräume, wie der Ochsengarten für die LGBTI*-
Findet der Fetisch-
Gastronom Friedl Steinhauser kennt das alles nur zu gut. Schon einmal hat er einen Laden zumachen müssen: Die Teddy Bar in der Hans-
Ob den Ochsengarten dasselbe Schicksal ereilt, ist ungewiss. Immerhin handelt es sich um die älteste noch existierende Schwulenkneipe in der ganzen Stadt.
Da die Kneipe dem schwulen Fetisch vorbehalten ist, hofft auch Thomas Niederbühl, dass sich ein Nachfolger findet. "Bei allen guten gesellschaftspolitischen Veränderungen ist es wichtig, dass solche Räume nicht verlorengehen", sagt er. Auch Steinhauser ist zuversichtlich: "Wenn die Nachfolge es gut macht, hat das ganze Zukunft", sagt er.
Auszug aus:
Quelle/Source:
URL:http://www.abendzeitung-
Abendzeitung München,
16.07.2020
Aus Liebe zum Leder
Von Sabrina Ebitsch
Klub für Kerle: Der Ochsengarten in der Müllerstraße hat seit Jahrzehnten einen bundesweiten Ruf in der Schwulenszene. Er war das erste Fetischlokal Deutschlands, Mottonächte gibt es auch heute noch.
Der Ochsengarten ist eine Trutzburg, wenn auch eine kleine, bewehrt mit schwarz verklebten Fensterscheiben und zwei dem traditionsreichen Namen angemessenen Hörnern, die er im Wappen oder vielmehr Logo trägt. Eine Enklave des angenehm Verschmuddelten ist er in der Müllerstraße inmitten von Bars mit Glasfronten und Apple Pie Martini und Agenturen und Nagelstudios.
Im Ochsengarten gibt es nichts mit Apfelaroma, keine leichten kleinen Gerichte und keine Panoramafenster. Es gibt gar kein Tageslicht. Im Ochsengarten gibt es eine Einrichtung, von der nicht einmal der Wirt weiß, wie alt sie ist, eine Holzverschalung an den Wänden, wie man sie aus Partykellern in Einfamilienhäusern kennt, und ein paar leicht oder vielmehr schwer mit Leder, aber nicht allzu viel davon, bekleidete, muskulöse Männer an den Wänden.
Die Plakate, auf denen die papiergewordenen Traummänner des Ochsengarten-
Steinhauser sitzt in seiner Kneipe und sieht mit der Hornbrille, in seiner Cordhose und seinem Karohemd so ganz anders aus als die Männer an der Wand hinter ihm. Manchmal, erzählt er, werde er ja schon gefragt, was aus seiner Figur geworden sei. "Aber das ist 40 Jahre her." Steinhauser war fast von Anfang an im Ochsengarten dabei, zumindest seit seiner Neueröffnung als Lederkneipe, ist mit dem Laden und seiner Kundschaft alt geworden.
Bevor der Ochsengarten eine Nische füllte und zur Institution im Gärtnerplatzviertel und in der Schwulenszene wurde, war hier nicht mehr viel los. Einst als Biergarten für die Bauern und Händler gegründet, die hier Ochsen kauften und verkauften und der Wirtschaft ihren heute noch immer irgendwie passenden Namen gaben, war in den 1950er und 1960er Jahren ein Treffpunkt für die Damen, die auf dem Straßenstrich in der Müllerstraße ihr Geld verdienten.
Als im damaligen Rotlichtviertel allmählich das Licht ausging, übernahm die Bedienung Gusti die Wirtschaft von ihrem Chef -
"Das war schon eine Person, ein Unikum", sagt Steinhauser und lacht. Er wiederum stand jahrelang unter ihrer Ägide hinter der Bar. Nachdem er, aus einem kleinen Dorf im Allgäu kommend, hier eine neue Heimat gefunden hatte, sagte die Gusti zu ihm, wenn er eh schon jeden Abend hier sei, könne er auch arbeiten. Was Steinhauser dann auch tat, mit 24 fing er im Ochsengarten an. "Die Gusti ist meistens nur dagehockt, hat ihren Spaß gehabt und sich mit den Leuten unterhalten", sagt Steinhauser. Bedient haben er und andere junge Kerle, weil "das zieht natürlich".
Eine Nische für Leute, die das lieben
Die Gusti habe sich nicht nur Schnaps um Schnaps ausgeben lassen, sondern auch keine Cola ohne Schnaps dazu verkauft. Und wenn es besonders lustig zuging, dann habe sie auch schon mal die Bluse hochgehoben, wohlwissend, dass das hier mehr Aufführung als Verführung war.
"Die Gusti hat halt dazugehört, mit Sex hatte das bei ihr nie was zu tun", fast sei sie das Maskottchen der Münchner Lederszene gewesen, sagt Steinhauser und es klingt wie ein Ehrentitel. Die Gäste, die sonst bei Damenbesuch eher verstimmt reagieren, hatten mit ihr kein Problem und sie hatte, lange bevor Paragraf 175 abgeschafft wurde und noch länger bevor zwei Männer Hand in Hand durchs Viertel gehen konnten, kein Problem mit Schwulen. Dass hier eine Wirtin den Laden geführt hat, mag den Ochsengarten auch vor Repressionen geschützt haben.
Und der Laden lief. Mit einem "erlesenen Publikum", wie Steinhauser sagt, mit Doktoren und Professoren, die hier nur einen Vornamen hatten. Zu den Hochzeiten sei Freddie Mercury Stammgast gewesen, wenn er in München war. Unscheinbar sei er gewesen, sagt Steinhauser: "Er hatte die Lederkappe tief ins Gesicht gezogen, dunkel war's eh. Wenn man's nicht gewusst hätte... Aber es wäre auch keiner hin und hätte nach einem Autogramm gefragt." Rainer Werner Fassbinder sei immer da gehockt, erzählt Steinhauser und zeigt auf das noch düsterere Hinterzimmer. "Mit Hut im Dunkeln, einsam, er hat wenig mit den Leuten geredet."
Als Gusti nach einem Unfall nicht mehr arbeiten konnte, hat Steinhauser, der eigentlich gelernter Metzger ist, übernommen und nicht viel verändert. "Ich wollte den Ochsengarten als Lederladen weiterführen. Eine Nische, wo die Leute, die das lieben, hingehen konnten", sagt Steinhauser.
Manchmal klingt er, als müsse er all jene beruhigen, die hinter den schwarzen Scheiben und angesichts einiger Dekorationselemente Sodom und Gomorrha vermuten. "Ich weiß gar nicht, was die Leute für eine Meinung haben, was wir hier machen. Man sitzt halt beieinander, knutscht sich nieder." Ganz normale Leute mit ganz normalen Berufen kämen her und trügen auch nicht unbedingt Leder.
"Jeder so, wie er will." Das Leder sei halt ein Fetisch, "jedem Tierchen sein Plaisirchen", sagt er und lacht. Aber ansonsten gehe es darum, jemanden kennenzulernen, wenn auch nicht für die Ewigkeit. "Gesucht hat jeder was, das Glück für zehn Minuten."
Auszug aus:
Quelle/Source:
URL:http://www.sueddeutsche.de
Süddeutsche Zeitung,
05/06.11.2011, Seite R11
Die große Gay-
Für Schwule ist es ein Pflichttermin: Beim Oktoberfest trinken und tanzen an diesem Sonntag 10 000 Männer. Die Klientel hat Geld -
[...] Mag Berlins Gay-
Auszug aus:
Quelle/Source:
Frankfurter Allg. Sonntagszeitung,
21.09.2008, Nr. 38 / Seite 54
Quelle/Source:
tomontour.com
summer escape 2007
Ochsengarten
Die 1. Lederkneipe Münchens, bereits seit 1967 etabliert [...] Anlaufstelle internationaler Besucher der Lederfreunde.
Quelle/Source:
munich-
Gay and Lesbian
Guide 2007
Ochsengarten
Das älteste Lederlokal Deutschlands ist ein "Muss" für die Leder-
Known throughout the world's gay scene, this is the oldest leather bar in Germany and a "must" for leather and fetish friends. For 39 years it has been in Müllerstraße and survived all the ups and downs of the gay scene. Still the centre of the Munich scene, where fetish freaks -
Quelle/Source:
SERGEJ
Gay & Lesbian
Guide to Munich 2006
Musikgeschichten
Die Liebe vom Sebastianseck
Heute wäre Freddie Mercury 60 Jahre alt geworden. In München führte der Frontmann von Queen ein Leben -
[...]
Steinhauser ist ein Bär von Mann. Sein Lokal in der Hans-
Immerhin, es gibt sie noch. Auch der Ochsengarten in der Müllerstraße, den Steinhauser gepachtet hat und den Mercury oft besucht haben soll, hat der Zeit getrotzt. Doch Steinhausers Läden sind Ausnahmen. Wo das Frisco war, zum Beispiel, ist heute das Padres.
[...]
Quelle/Source:
Süddeutsche Zeitung
vom 04.09.2006
Quelle/Source:
gaylife
München -
Mai 2006
Lederspaziergang
[...] Dann rum um den Häuserblock zum Mutterhaus, dem Ochsengarten, Münchens Traditionslederkneipe seit 1967, Men only und Dresscode am Wochenende. Die Kneipe ist recht kommunikativ geworden, vorbei mit dem starren Herumstehen, viel Skin neben Leder. [...]
A stroll in leather
[...] But now on to the "headquarters", the Ochsengarten, Munich's traditional leather bar established in 1967. Here it's men only. It has become very friendly; gone are the days of "stand and stare". You will see a lot of skin and leather here. [...]
Quelle/Source:
SERGEJ
Gay & Lesbian
Guide to Munich 2006
Quelle/Source:
SERGEJ.münchen
mai 04
Gusti, die Grand Dame der Münchner Gay-
Wir vergessen Dich nicht!
Ochsengarten
Das älteste Lederlokal Deutschlands ist ein "Muss" für die Leder-
Known throughout the world's gay scene, this is the oldest leather bar in Germany and a "must" for leather and fetish friends. For 36 years it has been in Müllerstrasse and has survived all the ups and downs of the gay scene. As always, this is the center of the Munich scene where fetish freaks – from young to old, from leather to rubber – all feel at home.
Quelle/Source:
Gay & Lesbian Guide to Munich 2004
Quelle/Source:
Our Munich
11/2002
Abgeledert im Ochsengarten
Gestern und Heute
Wer vor 10, 20 oder 30 Jahren erstmalig vorsichtig den Ochsengarten in der Müllerstraße betrat, der kann sich sicher noch gut an die ersten Eindrücke erinnern. Langsam schob man die schwere Türe auf und sah statt wilder Gestalten erstmal nur einen dunklen Vorraum. Nach einem unsicheren Blick um die Ecke stand man in Mitten einer schwarzen Menge, der intensive Geruch von Leder schien einen umzudrücken. Unweigerlich stellte sich nun heraus, ob man sich der "Lederszene" zugehörig befand oder nicht. Diejenigen, deren erster Besuch im Ochsengarten länger als eine Stunde anhielt, kamen von da an sicherlich regel-
Wer heute erstmalig den Ochsengarten in der Müllerstraße betritt, der bekommt als ersten Eindruck auch nur einen dunklen Voraum zu Gesicht. Der späht genauso durch den Vorhang, bevor er die eigentliche Bar endgültig betritt. Im Kopf sind noch die Bilder von unzähligen Tom of Finland-
Der Ochsengarten wurde im November 1967 als Münchens erste schwule Lederbar eröffnet. Er versteht sich natürlich nach wie vor als solche, ist sicherlich mittlerweile sogar um einiges "ledriger" als in den Anfangszeiten, in denen die schwule Szene noch sehr "übersichtlich" war. Die Einstellungen und Vorlieben der Gäste haben sich in den Jahren kaum geändert, sehr wohl aber deren Outfit. Aus dem Wort "Leder" entwickelte sich mehr und mehr ein Überbegriff für eine Fetisch-
So zählen sich Fans von Uniformen, sei es die amerikanische Flecktarn-
All diese unterschiedlichst gekleideten "Lederkerle" haben aber dennoch die Vorlieben zum geilen und "butchen" Mann, zum derbe(re)n Sex, zum unkomplizierten Kennenlernen, zum direkten Umgang und zum offenen Darstellen ihrer sexuellen Vorstellungen gemeinsam. Und natürlich befinden sich immer einige "echte" schwarze Lederkerle unter den Ochsengarten-
[OH]
Quelle/Source:
Löwenspiegel
11/2000
Wie der Ochsengarten wurde, was er ist
Es war einmal ein Nuttentreff, im Herzen des Münchener Rotlichtviertels gelegen. Das Lokal ward, obwohl sich dort nie so große Tiere zeigten, OCHSENGARTEN genannt, und die Gäste mochten es sehr. Die Kellnerin Gusti mochte den Ochsengarten auch sehr. So sehr, dass sie ihn anno 1967 von ihrem Chef übernahm, als dieser sich zur wohlverdienten Ruhe setzte.
Gusti hatte allerdings nicht vor, das Lokal, das ja nun ihres war, so weiterzuführen, wie bisher. Inspiriert von einer Amerikareise hatte Gusti eine ganz andere Vorstellung von der Zukunft des Ochsengartens. Sie wollte ihn zum Erblühen bringen. Ganz Frau der Tat warf sich Gusti entschlossen ins Zeug und der Ochsengarten verwandelte sich quasi über Nacht in ein Lokal für Menschen, die sich in einer ganz speziellen Weise für andere Menschen des gleichen Geschlechts interessieren. "Homotreff" sagten die Leute dazu.
Unter einem "Homotreff" stellte man sich seinerzeit allerdings etwas Schummriges, Plüschiges vor. Dunkelrote Samtvorhänge, Spiegel mit vergoldeten Rahmen, Flitter und Tand. Der Ochsengarten sah indes ganz anders aus. "Kalt und trostlos" fanden die Leute Gustis Lokal und sie blieben ihm fern.
Doch dann kam eines Tages eine gute Fee, die schwarze Lederkleidung und einen stählernen Ring um ihren Zauberstab trug. Diese Fee war eine ganz besondere, denn sie erfüllte nicht etwa Wünsche, sondern hatte selbst einen: Sie wollte ein Ledertreffen veranstalten und suchte Gustis Unterstützung. Schließlich hatte Gusti den Ochsengarten, der ganz besonders gut für ein solches Treffen geeignet schien. Die Fee mochte nämlich keinen dunkelroten Plüsch.
Stiefel, Ketten, Poster und Plakate wurden herbeigezaubert, und noch so mancher höchst dekorative Gegenstand aus dem Reich der Lederfeen. Plötzlich war der Ochsengarten eine ganz und gar andere Welt, in der es rustikal aussah und auch dementsprechend zuging. Was aber für Gusti noch viel wichtiger war: Rappelvoll, so berichtet der Chronist, war der Ochsengarten. So voll, dass er gar aus allen Nähten zu platzen drohte.
Für Gusti, ihren Ochsengarten und die ganze große Stadt drumherum war dies der Beginn einer neuen Zeit. Der Ochsengarten wurde nämlich, so wie die Fee ihn verzaubert hatte, zu einer absoluten Sensation, die es im rasanten Tempo vom "Geheimtip" über die "Sehenswürdigkeit" zu einer weltweit bekannten Drehscheibe des schwulen Lebens brachte und als Vorbild für viele Lokale allüberall diente...